SMV

Gerade wird auf dem LPT in NRW die Ständige Mitgliederversammlung konkretisiert. Leider kann ich morgen nicht teilnehmen und zu einem wichtigen Thema mitdiskutieren.

Deshalb hoffe ich, dass sich genügend Leute finden, die meine Argumente verstehen und die Versammlung morgen überzeugen. Denn die derzeitigen Anträge haben beinhalten einen schlimmen Rechenfehler.

Kurze Erklärung:
Bei einem Quorum von 5% aller Akkreditierten (= die einen Account haben), entsteht die Situation, dass eine weitaus höhere Prozentzahl derer benötigt wird, die auch wirklich an der Abstimmung teilnehmen. Je weniger Leute die SMV tatsächlich verwenden, desto höher wird die Hürde, eine geheime Wahl zu beantragen. Damit schaffen wir eine Dynamik, die Frustration und Ablehnung der SMV verstärkt und somit ihrem Gelingen im Wege steht.

Lange Erklärung:
Minderheitenschutz wird gerne mal vergessen. Die Möglichkeit zum Antrag auf geheime Wahl ist ein sehr wichtiger Grundsatz der Demokratie.
Ebenfalls unumstritten ist, dass das Quorum, dass dafür erreicht werden muss sehr niedrig liegen muss. 5% hören sich wenig an, sind aber sehr viel, wenn sie sich auf die absolute Zahl der online Akkreditierten bezieht. Es ist unrealistisch, anzunehmen, dass alle, die einen Account bei der SMV haben, diese auch ständig beobachten. Selbst wenn die SMV erheblich stärker genutzt wird als Liquid Feedback, ist es illusorisch anzunehmen, dass mehr als die Hälfte der Akkreditierten sich in den Prozess einbringen. Das erhöht die Hürde, 5% davon zusammenzubringen. Besonders bei Themen, die vielleicht nicht so viele interessieren, die aber dennoch heikel sind.

Rechenbeispiel 1:

Wenn bei einer Abstimmung 20% aller Akkreditierten (= haben einen Account) teilnehmen, aber ein Quorum von 5% aller Akkreditierten notwendig ist, um eine geheime Wahl zu beantragen, liegt die relative Prozentzahl, die hierfür nötig ist bei 25% derer, die sich für das Thema interessieren. Wer sich nicht für das Thema interressiert ist unverhältnismäßig schwerer dazu zu bewegen, sich einem Antrag auf geheime Wahl anzuschließen. 25% ist deutlich zu hoch.
Das Ergebnis: Je weniger die SMV tatsächlich verwenden, desto höher wird die Hürde, eine geheime Wahl zu beantragen. Damit schaffen wir eine Dynamik, die Frustration und Ablehnung der SMV verstärkt und somit ihrem Gelingen im Wege steht.

Bei Bundesparteitagen liegt das Quorum für Abstimmung auf geheime Wahl laut Geschäftsordnung bei 20 Mitgliedern. Das sind bei 1000 akkreditierten Mitgliedern auf einem Parteitag 2%. Das ist deutlich niedriger als 25%.
Und bei Bundesparteitagen ist es weniger heikel, weil hier die Abstimmungsprozedere etabliert sind und sich nicht im Experimentierstatus befinden


Rechenbeispiel 2:

Um in etwa ähnliche Verhältnisse wie bei einem Bpt zu schaffen gehen wir mal von äußerst optimistisch (geradezu illusorisch) geschätzten 70% Beteiligung an einer Online-Abstimmung aus. Bei rund 5000 Mitgliedern in NRW wären das 3500 Teilnehmende. Dann wären 70 Stimmen nötig, um auf ein Quorum von 2 Prozent zu kommen.
Bei 5% von allen Akkreditierten wäre hierfür eine Zahl von 250 nötig. Das ist mehr als das Dreifache. Und wir erinnern uns, dass dieses Rechenbeispiel auf der unrealistisch hohen Beteiligungszahl von 70% aufbaut.

Es ist davon auszugehen, dass sich nicht so viele an einer Abstimmung überhaupt beteiligen.
Der Minderheitenschutz und das Recht auf geheime Abstimmung würden mit diesem Vorhaben faktisch abgeschafft.

Wir wollen die Demokratie besser machen. Wir müssen aufpassen, dass wir sie in dem Versuch nicht versehentlich abschaffen. Wenn die SMV gelingen soll, dann muss sie so viele demokratische Grundsätze wie möglich von Anfang an beherzigen. Die Möglichkeit zum Antrag auf geheime Wahl darf
nicht zu einem unrealistischen Theoriefall werden, sondern muss realistisch umsetzbar sein.

Deshalb hier mein Vorschlag für einen Änderungsantrag auf dem LPT:

Quorum zum Antrag auf geheime Wahl:

Möglichkeit 1: Es wird eine absoulte Zahl festgelegt.

1.1: Die Versammlung möge die Anträge X017 und X018 insofern anpassen, dass sich das Quorum für einen Antrag auf geheime Wahl nach der Geschäftsordnung der Bundesparteitage richtet. Derzeit sind das 20 stimmberechtigte Mitglieder.

1.2 Die Versammlung möge die Anträge X017 und X018 insofern anpassen, dass das Quorum für einen Antrag auf geheime Wahl bei 30 stimmberechtigten Mitgliedern liegt.

Kommentar:
Einfachste Lösung. Die Zahl kann von der Versammlung (LPT141) auch hoch oder runter gesetzt werden. Das ist eine Frage der Justierung. Und sollte ggf. nach einem Jahr evaluiert und nachgebessert werden.


Möglichkeit 2: Prozentzahl relativ zu den tatsächlich Abstimmenden

Die Versammlung möge die Anträge X017 und X018 insofern anpassen, dass das Quorum für einen Antrag auf geheime Wahl bei 5% der an der Abstimmung Teilnehmenden liegt.
Kommentar:
Dies ist zwar schwieriger umzusetzen, aber begrenzt Missbrauch der Möglichkeit durch Antrag auf geheime Wahl Abstimmungen zu trollen. (Lieber wären mir hier übrigens 2%.)

Zwei Möglichkeiten zur Umsetzung:

2.1: Bei jeder Abstimmung wird als weitere Abstimmungsmöglichkeit das Feld „Antrag auf geheime Abstimmung“ hinzugefügt. Wenn die Abstimmung abgeschlossen ist, ist diese nur dann gültig, wenn diese Option von weniger als 5% aller derer, die abgestimmt haben ausgewählt wurde. In dem Fall muss es allerdings für Mitglieder, die diese Option ausgewählt haben die Möglichkeit geben, nachträglich ihre Stimme für eine der andere Optionen abzugeben. Bis dahin darf das Wahlergebnis nicht bekannt gegeben werden.
Kommentar:
Komplex, aber realisierbar.

2.2: Im Abstimmungsprozess wird im Schritt vor der eigentlichen Wahl eine weitere Stufe eingeführt, in der die Abstimmungsberechtigten angeben müssen, ob sie vorhaben, an dieser Wahl teilzunehmen. Zu Ende dieser Phase wird die Zahl derer, die Abstimmungsvorhaben angekündigt haben festgehalten. Im gleichen Schritt kann Abstimmung in geheimer Wahl beantragt werden. Sprechen sich bis zum Ende dieser Phase mehr als 5% derer, die an diesem Prozess teilgenommen haben für eine geheime Wahl aus, wird geheim gewählt. Wer in diesem Schritt nicht angegeben hat, an der Abstimmung teilzunehmen ist natürlich dennoch abstimmungsberechtigt.
Kommentar:
Nachteil: es fügt einen weiteren Schritt ins Abstimmungsverfahren ein.
Vorteil: Es ist trollabweisend. Bei unumstrittenen Abstimmungen ist egal, wie viele ihre Teilnahme an der Abstimmung vorankündigen. Sollte offensichtlich sein, dass es sich nicht um einen berechtigten Grund, sondern um einen Trollversuch handeln, kann die Versammlung dies abwehren, indem mehr Leute ihr Teilnahmevorhaben bekunden und entsprechend die absolute Anzahl von notwendigen „Trollunterstützern“ steigt. Außerdem ist es dynamisch. (Auch hier wären mir 2% eigentlich lieber.)