Ich finde es ja schon die ganze Zeit merkwürdig, dass die ganze Zeit von der „FrauenFußball-WM“ gesprochen wird. Gibt es denn noch eine andere?
In Schweden wird Fußball beider Geschlechter einfach Fußball genannt. Aus dem Kontext erschließt sich dort fast immer, welcher gemeint ist.
Zum Beispiel müsste doch eine WM im eigenen Land solch ein Kontext sein.
Daher habe ich mir zur Gewohnheit gemacht, von Fußball und Männerfußball zu sprechen.
Das führt mitunter zu amüsanten und vielsagenden Verwirrungen.
Bei fast allen, entstand dadurch zunächst für Verwirrung, dann verdrehten sie die Augen.
Aber folgendes Gespräch wollte ich euch nicht vorenthalten.
Habe den Namen geändert, es ist natürlich ein Gedächtnisprotokoll, hat sich aber ziemlich genau so abgespielt:
Ich: Was machst du in deiner Freizeit?
Tom: Ich spiele Fußball.
Ich: Oh schön! Ich finde es toll, dass auch Männer Fußball spielen. Die haben ja sogar ne eigene Mannschaft, oder?
Tom: Ach! Das nimmt doch keiner ernst!
Ich: Ach komm. Die gewinnen zwar nicht so oft eine WM, wie die Frauen, aber deswegen sollte man sie doch nicht weniger ernst nehmen!
Tom: Naja wenn sie ohne Trikot spielen würden, vielleicht höhö.
Ich: Die Männer?
Tom: Ja ja.
Meine mehrfachen Betonungen, dass ich über Männerfußball spreche, hat er einfach überhört.
Es war recht deutlich, dass er eigentlich das Gegenteil meinte, von dem was er gesagt hatte. Es zeigt auf, wie abfällig über Frauen (und Frauensport) gesprochen wird, und dass das vielerorts noch gesellschaftlich akzeptiert ist.
Ein herablassener Tonfall lässt offenbar viele automatisch davon ausgehen, dass von Frauenfußball die Rede ist. Und das sollte uns doch zu denken geben.
Nun hat die WM ja viele feministische Diskussionen angestoßen:
Dürfen die Fußballerinnen sich auch weiblich zeigen? Oder sollen sie es sogar, damit ihr Fußball ernster genommen wird? Oder wird er gerade dadurch weniger ernst genommen? Wie produktiv ist die WM-Werbung? Reproduziert sie die gängigen Rollenbilder vielleicht eher noch? Und müssten nicht gerade die Deutschen die Fußballerinnen hypen, weil die im letzten Jahrzehnt schon zwei mal gewonnen haben? Und muss eine Frauen-WM unbedingt zu feministischen Diskussionen führen? Und wenn ja, warum sind die dann so flach? Und warum führt Männerfußball nicht zu solchen Debatten? Warum wird dort nicht über Sexismus geredet?
Die deutsche Diskussionsgesellschaft zeigt gerade sehr eindrucksvoll, wie wichtig ein Diskurs über Gleichberechtigung (ich erinnere: Gleichberechtigung bedeutet nicht Gleichbehandlung!) noch immer ist.
Nur weil es nicht mehr ganz so schlimm ist, wie früher und ein gewisses Maß an Gleichberechtigung erreicht ist, heißt das noch nicht, dass wir schon fertig sind. Derart herabwürdigenden Gesprächen und Kommentaren (offen oder verdeckt) sind Frauen noch immer regelmäßig ausgesetzt.
Und das, entschuldigt die Wortwahl, stinkt zum Himmel!
Übrigens verdeutlicht es auch, wie groß eben doch der Einfluss der Sprache auf die Haltung in der Gesellschaft ist.
Ich werde jedenfalls weiterhin von „Fußball“ und „Männerfußball“ reden. Und ich finde, wenigstens während der WM sollte das doch selbstverständlich sein.
Wenn nicht: Ein Grund mehr, es zu tun.
Kommentare
20 Antworten zu „Fußball und Männerfußball gleichermaßen ernst nehmen!“
Ich finde ja, „Frauen-Fußball“ klingt wie „Behinderten-Fußball“. Letzteres würde aber niemand sagen, weil es als diskriminierend erachtet wird.
So viel dazu.
Hehehe, Daumen hoch für das Verdrehen chauvinistischer Erwartungshaltungen!
schlimm finde ich auch die andauernde Betonung der Alliteration FiFaFrauenfußball-WM auf dem Öffentlich Rechtlichen Fernsehkanal. *augenverdreh*
Letztens kam bei uns ne interessante Frage auf:
Ist Deutschlandfahnen-Abreißen während der aktuellen WM immer noch in Ordnung oder könnte man es als frauenfeindlich empfinden?
Als nächstes beschweren sich die Handballer, Leichtathleten etc. darüber, dass es WM heißt und nicht Fußball-WM. Ja, es ist toller Sport der jeden respekt verdient, aber aus dem Status des Männerfußballs Ansprüche für den Frauenfußball herzuleiten scheint mir übertrieben.
Finde ich voll super, dass du „Chauvinismus“ deinen eigenen Chauvinismus entgegenzusetzen hast! Juhuu!
Voll der Fortschritt!
m(
Und darauf bist du wahrscheinlich auch noch ernsthaft stolz, oder?
@ NetReaper: Wie süß! Du nimmst mir meinen Chauvinismus wirklich ab? Dann hab ich den Tonfall also gut getroffen? Hast recht, das war Sinn der Übung. Und lässt vor allem die jenigen auffliegen, die solche Sprüche tatsächlich für ernst gemeint halten.
Ich empfehle in dem Zusammenhang Marc-Uwe Kling http://www.youtube.com/watch?v=_hKTIyEI6OA
„Übrigens verdeutlicht es auch, wie groß eben doch der Einfluss der Sprache auf die Haltung in der Gesellschaft ist.“
Ich denke, dass es genau umgekehrt ist: An der Sprache kann man die Haltung der Gesellschaft erkennen. Und auch die Haltung der Einzelnen.
Trotzdem finde ich es sehr sinnvoll, dass Du von „Männerfußball“ sprichst, jedoch aus anderen Gründen: Nicht, um die Sprache zu ändern, sondern um Deine Haltung deutlich zu machen!
Hallo – Die feministische Sprachkritikerin Luise Pusch hat sich schon des öfteren in ihren Glossen zum Männerfußball geäussert und die Ungleichbehandlungen aufgezeigt. Hier die neueste Glosse vom 25.6.2o11 „Lieber Fußball als Männerfußball“.
Ich rede auch nicht mehr von Mannschaft, wenn es um Fußball geht und betone neutrale Begriffe wie „Team, Elf“ – Frauen-Team oder Frauen-Elf.
Und ich muß dir zustimmen über die enorme abwertende Haltung gegenüber Fußball spielende Frauen – hier habe ich mich im Internet in vielen Blogs umgeschaut und stelle fest, die negative Haltung zum Fußball aus den 50er und späteren Jahren hat an Aktualität wenig eingebüsst. Macho-Sprüche, Sexismus wird von vielen (zumeist Männern) gepflegt. Die Antwort zeigt sich anhand einer Fußball-Studie „Fußball verbindet, vor allem weiße Männer“. Die Fußballarenen sind noch die Orte, wo archaische Männlichkeit im Fußball zelebriert, gewünscht und gelebt wird. Die Abwertung des „WEiblichen“ gehört strikt in das Bild patriarchaler und Macho-Männer…
http://www.fembio.org/biographie.php/frau/blog/
http://diestandard.at/1308186649936/Fussball-Studie-Fussball-verbindet-vor-allem-weisse-Maenner
[…] leena.de dagegen macht alles richtig und erlöst die “Frauen”fußball-WM aus ihrem Sonderfall-Trikot, um es den Männern anzuziehen. “Das-überhör-ich-schlicht”-Reaktionen darauf schildert sie in ihrem Blog. […]
Ich finde solch ein „Neuordnen“ von gewohnter Sprache allein deswegen gut, weil es in alltäglichen Situationen Normaliät auffbricht und Irritationen hervorrufen kann. (hier offenbar nicht, aber wer weiß…) Und das kann mensch garnicht oft genug machen meiner Meinung nach!
Also DANKE! für diese Inspiration :)
… ha, ha, klasse die idee! wie schön kann man doch mit sprache operieren. darf ich die idee klauen? :)
… auf jeden fall hat sprache einen großen einfluss auf unserer denken und handeln.
p.s. dass dir im kommentar-thread „chauvinismus“ unterstellt wird, „tschuldigung, ich muss mal kurz lachen“. da hat aber jemand gerade mal die herrschenden machtverhältnisse elegant übersehen, gellle …
@ verena: da ich hoffe, dass die Idee umfassend aufgegriffen wird stelle ich sie hiermit unter cc-Lizenz ;) dann kannst du sie nicht mehr klauen. aber aufgreifen.
@Printmedium: Ich bin mir definitiv sicher, dass er das nicht bemerkt hat. Auch alles spätere Verhalten zeigte festgefahrene Rollenmuster, ein krass abschätziges Frauenbild und keinerlei Humor, der dazu hätte führen können, dass er da mitspielt.
Was mir beim Lesen aufgefallen ist:
Könnte es nicht sein, dass „Tom“ einfach „mitgespielt“ hat. (Vor allem das hier:
scheint mir von ihm eher ironisch gemeint zu sein.)
Nur so als Frage.
@vinz
„Behindertenfußball“ ist durchaus ein gebräuchlicher Begriff. Bei Google ergibt er immerhin „Ungefähr 11.700 Ergebnisse (0,17 Sekunden)“. Daran eine Behinderung oder das Geschlecht zu benennen, ist ja an sich noch nichts Diskriminierendes, sofern auch von Männerfußball gesprochen werden würde.
Sind wir mal ehrlich. Durch die Frauen Fussball WM wird doch jetzt im Alltag in der Frauen-Bundesliga kein Besucheransturm eintreffen. Frauenfussball ist und bleibt ein Nischensport. Deshalb fand ich die Aktionen des Deutschen Fußballbundes doch übertrieben. Und dann fliegt das Team im Viertelfinale aus dem Turnier.
Hey,
finde deinen Post sehr interessant und vor allem richtig. Beschäftige mich momentan mit demselben Thema und würde gerne wissen, woher du weißt, dass in Schweden für beides der Begriff „Fußball“ verwendet wird. Hast du da irgendeine bestimmte Quelle für?
Das weiß ich aus erster Hand. Habe Verwandte in Schweden.
Männer Fußball das ist sau gut das werde ich mir merken. In letzter Zeit stelle ich fest , das was die Sprache angeht sich doch einiges tut. Man sagt ja jetzt auch nicht mehr Azzis sonderen Bildungsverne Schichten. Oder Neger sind jetzt Maximalpigmentierte da sind wir auf einem guten weg und ich danke dir für diese Wort Inspiration.
Und der Typ mit dem du dich da unterhalten hast der hat schon kapiert was du meinst ist aber denke ich einfach nicht gewohnt von einer Frau auf hohem Nivau „gegenwehr“ zu bekommen. Und seid der Männerfußball WM muss ich in meinem Bekanntenkreis festellen das sich mehr FRauen für Fußball interessieren als Männer. Also ich will damit verdeutlichen das von 3 FRauen und 3 Männern (mich eingeschlossen) drei Fareun in die Kneipe gegangen sind um Männerfußball Wm auf Leinwand zu schauen,währen ich und 2 Freunde es vorgezogen haben am Rhein zu grillen.
Soviel also dazu das Fußball Männersache ist.
maenner b jugend vfb stuttgart – deutsche fussballnationalmanschaft 3:0
ich schau mir maenner b jugend fussballspiele nur an, wenn mein sohn mitspielt, bin aber fuer die frauenquote (2 frauen) im maennerfussball. da werden sich bestimmt interessante spielsysteme entwickeln. weiter so!