Scheinbar banal, nie egal: Versteckter Sexismus

Ich habe heute zum ersten Mal jemanden auf Twitter geblockt. Und das wegen ein paar harmloser Tweets, die nun wirklich nicht besonders schlimm waren. Da habe ich schon wesentlich schlimmere Sachen über Twitter an den Kopf geworfen bekommen. Warum blocke ich also ausgerechnet diesen User? Gerade sind wir in Kleinbloggersdorf ja alle ziemlich durch die Brüderlegeschichte, den Sexismusartikel über die Piraten im Spiegel und die ganze Aufschreierei ziemlich aufgewirbelt. Ich begrüße das sehr, weil endlich mal wieder etwas auch von den „großen Medien“ thematisiert wird, was viel zu oft unter den Teppich gekehrt wird. Doch leider wühlt es eben auch die Gemüter auf und so steigt erstens die Wahrscheinlichkeit, dass man sich etwas Ekliges anhören muss und damit zweitens die Empfindlichkeit im Umgang mit eben solchen Kommentaren.

Mittlerweile gibt es viele Möglichkeiten mit solchen Kommentaren umzugehen. Doch eine Frage hält sich dabei hartnäckig: Was war da dran jetzt sexistisch? Viele Männer werden unsicher, was sie nicht mehr tun dürfen und ich habe dafür sogar Verständnis. Denn das wogegen wir uns heute in unseren Breitengraden wehren müssen ist selten offener Sexismus. Es ist auch keine Frauenfeindlichkeit. Es ist Androzentrismus. Es ist unbewusster Sexismus. Und der zeichnet sich genau dadurch aus, dass man eben nicht so einfach mit dem Finger darauf zeigen kann und sagen: „Das ist das Problem“. Und vor allem lässt es sich nicht in 140 Zeichen erklären.

Ich suche schon länger nach einer anschaubaren Antwort auf diese Frage. Dieser Webcomic von Gabby war meine erste Station.

Die Berichte in den Zeitungen leiden unter dem gleichen Phänomen. „Wirklich schlimm war das ja jetzt doch nicht, was da passiert ist. Hat ja noch nicht mal ein richtiger Übergriff stattgefunden.“ Im Nachhinein hört es sich ohnehin immer weniger schlimm an und so werden die Geschehnisse runter gespielt. Jedes Mobbingopfer kennt das Phänomen, dass sich die Situation im Nachhinein erzählt bei weitem nicht so schlimm anhört, wie es sich in der Situation anfühlte. Und so passiert es auch hier. Getreu dem Motto „Neun unserer 10 Angestellten haben kein Problem mit Mobbing.“

Ich möchte diese Situation nutzen, einen Versuch zu machen zu erklären, wie verdeckter Sexismus wirkt und warum er so gefährlich ist.

Einen Feind, den man sieht kann man besser bekämpfen. Man kann ihn an den Hörnern packen. Und so wurde schon so viel geprangert, bis offener Sexismus endlich gesellschaftlich weitgehend geächtet wurde. (Dabei stellt sich allerdings das Problem, dass nicht wirklich Einigkeit darüber besteht, was Sexismus eigentlich ist.) Schwieriger wird es da bei unbewusster Ungleichbehandlung oder tief in die Gesellschaft eingebettete Phänomene wie dem PayGap oder der gläsernen Decke.

Ich bin zur Zeit auf Arbeitssuche in einer männlich dominierten Sphäre (Internet, Politik und so) und hege den Verdacht, dass einige der Wände, gegen die ich bisher gelaufen bin auch gläsern sind. Das Schwierige daran ist, dass ich selbst gar nicht feststellen kann, aus welchem Grund ich nicht zu einem Gespräch eingeladen wurde. Mag sein, dass es einen besseren Bewerber gab. Mag aber auch sein, dass er gar nicht besser war, sondern nur den Eindruck erweckte, besser geeignet zu sein, weil er eben männlich ist. Wie soll man ein Problem lösen, das man selbst gar nicht erkennen kann?

Gestern habe ich über Twitter mitgeteilt, dass ich eine Arbeit suche und wurde erfreulich oft weitergezwitschert. Ich bekam auch Antworten. Einer fragte mich nach meiner Qualifikation:

An dem geschlechtsbezogenen Kommentar war mir schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass mich da einer zu trollen versucht. Aber ich war schwach und ließ mich auf einen „Austausch von Argumenten“ ein, anhand dessen man versteckten Sexismus und die Prämissen dahinter sehr gut erklären kann.

Ich will euch jetzt nicht mit den gesamten Nachrichten langweilen. Das könnt ihr ja auch gut selbst nachlesen. Wie erwartet ging die Argumentation rasend schnell auf mein Geschlecht zu.

Und damit wären wir beim ersten Punkt. Wenn ein Mann, der z.B. Philosophie studiert hat, mitteilt, dass er nach Arbeit sucht, muss er sich wohl kaum sorgen, dass er im nächsten Atemzug auf sein Geschlecht angesprochen wird. Das ist eines der vielen Privilegien, über die sich die wenigsten bewusst sind. Das ist ja auch genau Teil von Privilegien, dass man sich nicht darüber bewusst ist. In diesem Fall hat er das ganze auch noch mit zwei weiteren impliziten Aussagen geschmückt: 1) Wenn du einen Job willst, musst du halt machen, was die Wirtschaft will und wenn du das nicht tust, dann bist 2) du Schuld am PayGap.

Diesen Vorwurf finde ich faszinierend. Das ist übrigens auch nichts neues. Man überträgt die Verantwortung für das Geschehen an die, die darunter leiden müssen. Das nennt man „victim blaming“ und genau das habe ich dem Herrn geantwortet. Wenn ich dafür, dass ich selbstbestimmt entscheide, was ich studieren möchte, den Vorwurf bekomme, den PayGap zu verursachen ist das überdies auch ein herrliches Beispiel dafür, wie Argumente herumgedreht werden. In der Psychologie nennt man das Doublebind. Egal, was die betroffene Person macht, es ist falsch. (Vor nicht mal einem Monat wurde ich über Twitter als Sophistin beschimpft, weil ich mich darin übte, mich nicht unter Wert zu verkaufen.) Und egal was ich mache, ich werde sofort auf mein Geschlecht reduziert. „Du darfst nicht das studieren, was du willst, weil du eine Frau bist und dann zum PayGap beitragen würdest.“ Und diese Aussage kommt daher in einer konstruktiv geschleierten Nachricht, bei der wir uns schon darüber freuen, dass ein Mann das Wort „PayGap“ in seinem aktiven Sprachgebrauch hat.

[Update: Simon hat in den Kommentaren erläutert, warum dieser Vorwurf „nicht nur dumm, sondern auch falsch“ ist. Danke dafür.]

Zum kurzen Verschnaufen sei hier noch mal darauf hingewiesen: Genau derlei Kommentare und Anspielungen sind wir tagtäglich ausgesetzt. Meist bemerkt man es selbst gar nicht oder kann es nicht benennen. Das ist, was dauerhaft auf Frauen einwirkt und ihnen Kraft, Mut und Stärke entzieht, die sie an anderer Stelle sehr sinnvoll einsetzen könnten.

Und da haben wir das nächste schöne Beispiel für unerkannte Privilegien. Es ist meine Schuld, dass so wenige Frauen Informatik studieren. Denn ich als Frau, habe es ja auch nicht getan. Ich habe schon in mehreren Vorträgen darüber gesprochen, dass ich mein Interesse an Informatik leider erst entdeckt hatte, nachdem ich mein Studium begonnen hatte. (Wechsel der Nebenfächer war aufgrund der Umstellung auf das Bachelor/MasterSystem nicht mehr möglich.) Ich habe in diesem Zusammenhang davon berichtet, wie mir in der Schulzeit davon abgeraten worden war in den Informatikunterricht zu gehen, obwohl ich damals Interesse geäußert hatte. Meine Mathenote sei zu schlecht und das wäre zu hoch für mich. Als ich meine Logikscheine für Philosophie mit 1 machte, beschlich mich der Verdacht, dass der Informatikunterricht sich auch positiv auf meine Mathenote hätte auswirken können. Denn wenn mich die Rechnerei interessierte, hatte ich eigentlich nie Probleme damit gehabt. Aber in einem Schulumfeld, in dem von Mädchen erwartet wird, dass sie schlecht in Mathe sind und mit Computern nicht umgehen können, entstehen eine Menge sich selbst erfüllende Prophezeihungen und so entdeckte ich mein Interesse erst als es für die Fachwahl zu spät war. Kaum eine Woche vergeht, in der ich mich nicht darüber ärgere, dass ich nicht früher an den Computer herangewachsen bin. Was viele Männer vergessen, wenn sie darüber prahlen, wie früh sie schon mit Computern zu tun hatten ist, dass das nichts ist, was sie sich selbst erarbeitet haben, sondern ein fettes Privileg.

Und was passiert einer Frau, die Vorwürfe zurückweist, das Problem selbst zu verursachen? Sie bekommt den nächsten Vorwurf:

Das hier hat gleich mehrere Facetten.

Erst mal das Offensichtliche. Die Aussage wird verdreht, mir vorgeworfen, ich würde mich selbst in die Opferrolle stellen. Zur Erinnerung: Ich hatte bekannt gegeben, dass ich Arbeit suche. Die Verbindung zu meinem Geschlecht kam nicht von mir ebensowenig wie Schuldsuche.
Doch in dieser Nachricht steckt noch so viel mehr. Sie greift auch meine Fähigkeit als Philosophin an. „Wenn du nicht in 140 Zeichen erklären kannst, warum es nicht legitim ist, dir vorzuwerfen, dass du Schuld an allem bist, stellst du dich in die Opferrolle und bist keine gute Philosophin.“ Das beinhaltet übrigens auch eine versteckte Annahme: Wenn X nicht Y macht, dann kann X Y nicht.
Aber vielleicht liegt es ja auch daran, dass der Kanal „Twitter“ einfach der falsche ist und 140 Zeichen für eine sinnvolle Auseinandersetung einfach nicht ausreichen.
Hier steckt aber noch eine weitere sehr beliebte Strategie drin. Denn dieses Mal lässt er seine Freundin sprechen. Die hat das ja gesagt. Und die ist ja eine FRAU. Also *muss* sie ja mit allen Fragen, die den Feminismus betreffen recht haben. Diese Argumentation höre ich sehr oft. „Ich habe eine andere Frau gefragt und die sagt, dass das alles gar nicht so schlimm ist.“
Das nennt sich „internalisierter bzw. verinnerlichter Sexismus“ und ist sehr verbreitet. Dazu gehört, dass sich Frauen gegenseitig in den Rücken fallen und Problematisierungen abtun. Häufig bemerkt dann gar keiner, dass auch diese Frauen Privilegien haben und dass sie damit im sexistischen System gut ankommen. Eine Frau, die betont, wie sehr sie von Genderdebatten genervt ist, bekommt meist eine Menge Zuspruch und/oder Anerkennung von anwesenden Männern. Verinnerlichter Sexismus ist eine weitere Folge des Systems und hält den Status quo aufrecht: die Macht liegt bei den Männern. Frauen, die dazu beitragen, dass das so bleibt, dürfen von der Macht profitieren. Ihre ist es dadurch allerdings nicht.

Es kamen noch weitere Nachrichten in die gleiche Richtung und ich hatte genug Material gesammelt, um diesen Blogartikel zu schreiben. Doch wie sehr man sich auch bewusst macht, dass man sich den Mist, den einem Leute mitteilen nicht zu Herzen nehmen soll: es nagt doch an einem. Und versteckter Sexismus nagt besonders, weil man ihn so schlecht abweisen kann. „So schlimm isses doch gar nicht.“ Ja. Wenn es denn nur ein mal im Jahr (oder meinetwegen Monat) passieren würde. Doch genau das passiert in unserem Alltag wieder und wieder. Wiederholung ist das, was besonders einprägsam ist. Und wenn ich bei den meisten dieser Lektionen überhaupt kein Bewusstsein entwickeln kann, dass das nicht ok ist, verinnerliche ich immer mehr davon. Und dann werde ich selbst ein Teil des Problems.

Und damit ich mich nicht auf weitere Diskussionen mit diesem Menschen einlasse und mir auch seinen Mist nicht länger reinziehen muss, habe ich ihn geblockt.

Ich sehe bei uns das Problem hauptsächlich im versteckten Sexismus. Denn den kann ich nicht anprangern. Der kommt halt einfach durch und wird abgetan. Damit will ich offenen Sexismus keinesfalls abtun. Den gibt es noch viel zu viel in der Welt und viele Frauen wären froh, wenn sie sich nur mit dem versteckten Sexismus rumärgern müssten. Doch es ist wichtig zu begreifen, dass es dort eben noch nicht zu Ende ist.

Ich verstehe, dass viele Männer damit sehr verunsichert sind. Ich habe mal das Beispiel mit der Rolltreppe verwendet, um zu erklären, wie schwer es ist, etwas zu hinterfragen, wenn man gar nicht weiß, dass es existiert. Deshalb ist mein Vorschlag an diese: beschäftigt euch mit Privilegien macht sie euch bewusst und bedenkt, was der Umstand, dass ihr privilegiert seid für Konsequenzen hat. Und dann verzichtet das eine oder andere mal auf den einen oder anderen schlauen Satz. Ich bin sicher, dass die Welt davon nicht verarmen wird.

(Und: Wehe mir kommt jetzt einer mit dem Mist, dass Frauen ja auch weibliche Privilegien hätten!)

 

 

 

 


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Kommentare

5 Antworten zu „Scheinbar banal, nie egal: Versteckter Sexismus“

  1. Avatar von deBaer

    Hi!

    Danke für den spannenden Artikel. Eine kleine Anmerkung zu dem Pay-Gap-Argument allerdings: Es ist nicht nur dumm, sondern auch falsch.

    Als Gender Pay Gap bezeichnet man nämlich den Gehaltsunterschied zwischen gleich qualifizierten Männern und Frauen. Es wird da also weder der BWL-Schlips noch der Müllmann mit der Philosophin verglichen, sondern nur der Philosoph. Es trägt also niemand mit seiner Ausbildungs- oder Studienplatzwahl zum Gender Pay Gap bei.

    Dafür sollte man wohl auch mal ein Erklärbärvideo machen, da gibt es häufig schräge Argumentationen.

    Liebe Grüße,

    Simon

  2. Avatar von Franziska
    Franziska

    Jetzt komm ich erst dazu deinen Text zu lesen und muss sagen ich bin total enttäuscht. Ja, der Typ lässt Dich über Stöcke springen und Du nimmst sie alle bereitwillig. Ganz ehrlich – mir wäre vermutlich die Zeit zu Schade gewesen mich trollen zu lassen. Bei deinen weiteren audführungen werde ich hingegen sauer, insbesondere, weil Du mich ja noch mal extra auf den Blog hingewiesen hast.
    „Eine Frau, die betont, wie sehr sie von Genderdebatten genervt ist, bekommt meist eine Menge Zuspruch und/oder Anerkennung von anwesenden Männern. Verinnerlichter Sexismus ist eine weitere Folge des Systems und hält den Status quo aufrecht: die Macht liegt bei den Männern. Frauen, die dazu beitragen, dass das so bleibt, dürfen von der Macht profitieren. Ihre ist es dadurch allerdings nicht.“
    In den Rücken fallen tun hier die so called Feministinnen schlicht Frauen, die emanzipiert durchs Leben laufen und sich weder von irgendwelchen Typen noch irgendwelchen Frauen erzählen lassen, wie sie sich verhalten sollen.
    Statt mich zu grämen habe ich mich aus dem Grund vor 20 Jahren selbstständig gemacht und mich damit aus der Opferrolle entfernt. Macht oder Einfluss war nie etwas was mich bewegt hat, genauso wenig wie Anerkennung. Ich habe nicht gebeten, dass mir Männer Freiheiten geben, ich habe sie mir genommen, fertig. Mit allen Konsequenzen und das bedeutet nicht den Weg des geringsten Widerstandes. Und jetzt kommen irgendwelche „Feministinnen“ und erzählen mir, ich wär so wie ich bin, weil ich Männern gefallen will – Mensch, werd mal erwachsen und lerne zu respektieren, dass Dein Weg nicht die einzige Wahrheit ist und dass solche Sprüche schlicht genauso respektloser sexistischer Mist ist, wie das, was Du kritisiert. Ich bin zu lange raus, um mich von irgendwem wieder in Rollenklischees zwängen zu lassen.
    Es gibt tausende emanzipierte Frauen, die ihren Weg ohne Berechnung gehen und sich da unberührt etwaiger Bedürfnisse nach Anerkennung und Macht bewegen und ja, dafür mag man Anerkennung bekommen, aber nicht, weil man jemanden nach dem Mund redet, sondern weil die Leute spüren, dass man unabhängig und frei seinen _eigenen_ Weg geht.
    Bevor das von den Dieglückseeligkeitfürfrauenbringendenfrauen nicht in den Kopf geht, weil ihre Scheuklappen zu dicht sind können sie sich die Idee der Frauensolidarität gleich schminken, sorry, wenn ich das so krass sage.

    Gruss
    Franziska

    1. Avatar von leena
      leena

      Hallo Franziska,

      ich verstehe nicht, warum du dich so ärgerst. Ich habe ja nicht geschrieben, dass das ausnahmslos auf alle Frauen zutrifft. Wenn du sagst, dass dich das alles nicht tangiert, dann glaube ich dir das. Du kannst das ja am besten einschätzen. Das ändert aber nichts daran, dass verinnerlichter Sexismus ein großes Problem ist. Und bedenke auch, dass du eine sehr privilegierte Position hast, dass du dich so frei und selbstbestimmt bewegen kannst. Das geht vielen eben anders. Denen gegenüber ist es nicht sehr fair, das so hinzustellen, als wäre das nur eine einfache Willensenscheidung und total einfach. Denn damit verdeckst du das Problem.

  3. Avatar von Honey Badger
    Honey Badger

    Hey, ich kenne ein ähnliches Phänomen. Ich bin Physikstudentin.
    Da muss man sich sowieso vieles anhören, und das meiste ist nicht versteckt. Aber ich persönlich habe mir irgendwann während des Studiums die Meinung angewöhnt, dass versteckter Sexismus sogar schlimmer ist als offener, da er häufiger, scheinbar moralisch „gerechtfertigter“ und schwerer nachzuweisen ist, aber genauso am Selbstbewusstsein nagt.

    Klar ist das bescheiden wenn man sich als Frau bei einem Professor besser nicht prüfen lassen sollte weil er nach Geschlecht statt nach Leistung beurteilt. Aber das waren nur relativ wenige. Ich hatte immer die Möglichkeit, auf einen anderen Prüfer auszuweichen, auch wenn das in einem Fall bedeutete, dass ich mich bei einem Professor prüfen lassen musste, dessen Vorlesungen ich gar nicht gehört hatte und der andere Schwerpunkte gesetzt hatte als der bekennende Sexist. Aber bei einer 1.3 kann ich mich nicht allzu sehr beschweren. ;)

    Was mich persönlich genervt hat, war diese Einstellung,von Kommilitonen immer als Frau gesehen zu werden, nie als Kommilitonin. Meine Leistungen wurden als „Tittenbonus“ abgetan, oder es wurde behauptet ich bekäme männliche Nachhilfe. Außerdem wurden wir Frauen ausgegrenzt. Informationen kamen oft gar nicht erst bei uns an. Wir konnten nur eine rein weibliche Lerngruppe bilden – was bei <10% Frauenanteil in dem Semester ein Problem war, da bei den Frauen nicht kompatible Lernstile vorhanden waren und wir keine "Auswahl" an Lernpartnern hatten.

    Schließlich – und das erinnert mich besonders an Deinen Artikel – haben Außenstehende mir immer zu verstehen gegeben, dass ICH nur durch die Gnade einer Gesellschaft, die ungeeignete Personen (Frauen) zu einem naturwissenschaftlichen Studium zulässt, überhaupt studieren dürfe. Außerdem stand ich extrem unter Druck, da anhand meiner Leistungen in Klausuren die generelle Befähigung des ganzen weiblichen Geschlechts zur Physik (von Außenstehenden und manchmal auch von Kommilitonen) festgemacht wurde. (Wenn ein Mann besser war, dann muss man Frauen doch nicht so dringend Physik studieren lassen, so etwa die Argumentation. Und wenn jetzt zehn oder zwanzig Männer besser waren, dann erst recht nicht.) Das heißt, "einen schlechten Tag" zu haben wäre für mich schon ein kleines moralisches Dilemma gewesen, da ich ja dann "bbewiesen" hätte, dass Frauen nichts können/nicht rechnen können wenn sie ihre Tage haben/nicht konstant leistungsfähig sind usw. Und dann hätte ich mich doch an den anderen Frauen versündigt, weil ich solche Meinungen verursache.

    Das ist doch genau wie der Vorwurf, Du wärst am Paygap schuld oder Du wärst schuld, dass Frauen in der Informatik weniger stark vertreten sind.

    Liebe Grüße
    Honey Badger

  4. Avatar von Honey Badger
    Honey Badger

    Sorry, ich wollte in Zeile 2 schreiben „vieles ist nicht versteckt“.

    ;)