Die Piratenpartei diskutiert gerade auf ihrem Parteitag in Neumarkt die Einführung einer digitalen ständigen Mitgliedervertretung. Dies soll der erste Schritt sein, aus den vielen schon bestehenden Verfahren zur Onlinemeinungsbildung eine Plattform zu entwickeln, die bindende Entscheidungen treffen kann. Das Thema wird stark diskutiert und es gibt auf beiden Seiten viele wirklich gute Argumente.
Eines möchte ich herauspicken, um zu zeigen, dass sich Probleme auch anders lösen lassen: Die Frage nach Delegationen.
Die bisherig stark genutzte Beteiligungsplattform „Liquid Feedback“ verfügt über die Möglichkeit, die eigene Stimme zu delegieren. Dadurch entstand in der Vergangenheit das Problem, dass sogenannte „Superdelegierte“ entstanden, also solche Menschen, die mit ihrer Entscheidung den Ausgang der gesamten Abstimmung beeinflussen konnten. Das wird zu Recht kritisiert.
Doch dieses Problem ließe sich einfach lösen, ohne Delegationen abzuschaffen.
Ich bin nicht in der Software drinnen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es so schwer sein soll:
1. Da wo ich die Delegationen einstellen kann, muss ich sofort angezeigt kriegen, wo meine Stimme derzeit landet.
2. Ebenda brauche ich ein weiteres Feld „Superdelegierte vermeiden“. Dort kann ich selbst entscheiden, ab welcher Zahl für mich ein Superdelegierter anfängt und was geschehen soll, wenn meine Delegation bei einer so definierten Person ankommt.
Beispiel: Ich sage zu meinem Liquid: „Wenn meine Stimme bei einer Person ankommt, die bereits mehr als 150 Delegationen (oder mehr) auf sich vereint, schicke mir bitte eine Benachrichtigung per Mail. Werden es mehr als 300, beende die Delegation.“
Damit wird die Verantwortung zur Vermeidung von Superdelegationen wieder zurück an den Menschen gegeben. Da wo sie hin gehört.
Und damit bewahren wir digitale Mündigkeit.
Wir finden Fehler dieser Systeme nur, wenn wir sie ausprobieren. Aber das hat nur Sinn, wenn wir diese Fehler dann auch beheben. In diesem Fall wäre es doch gar nicht so schwer.
[Ich hau das jetzt schon mal schnell online und füge Verlinkungen nachträglich ein. Also nicht wundern, wenn sich hier noch „a weng“ ändert.]
Kommentare
11 Antworten zu „SMV – Delegationen ermöglichen, Superdelegierte durch digitale Mündigkeit vermeiden.“
Gut, dann nehmen wir an, dass Person A mit 298 Delegationen ein „Fast-Superdelegierter“ ist und Person B einer, der auf ihn delegiert. Beide wollen nicht, dass A ab 300 keine Delegationen mehr bekommt. Du delegierst derzeit auf B.
Was machen A und B also? B unterbricht seine Delegation auf A und programmiert sich stattdessen ein Tool, mit dem A sich bei Abstimmungen als B einloggt und dann für B so abstimmt, wie er auch selber abstimmt.
Nach außen gibt es dann keine Delegation, faktisch aber schon. Quasi ein digitales Hinterzimmer.
Bei Liquid-Delegationen geht es nicht unbedingt darum, etwas zu „ermöglichen“ (oder nicht). Es geht auch darum, soziale Strukturen und transparent machen abzubilden, die sowieso existieren.
Derartige Tools sollten unzulässig sein. Wenn ich mich nicht täusche gibt es auch Mittel zur Vermeidung solcher Tools.
Das Tool „B gibt A seine Login-Daten“ wird sich schwer ausschließen lassen.
Solche Einschränkungen wie hier oben vorgeschlagen bringen eher Illusionen, dass Machtstrukturen nicht existieren. Sie existieren aber dennoch, nur dann versteckt.
Joa, deswegen bin ich Pirat, um Machtstrukturen anzuerkennen und nichts dagegen zu tun. #Ironietag
Was du darstellst, mag so vereinzelt geschehen. Man sollte aber versuchen es zu verhindern. In Bayern gibt es zB die Delegationen nicht so wie im Bundesliquid-Feedback. Kettendelegationen und damit Superdelegierte werden weitgehend verhindert: http://wiki.piratenpartei.de/Pirate_Feedback/Verbesserungen#Pr.C3.A4ferenzdelegation_statt_Kettendelegation
Mir ist noch nicht zu Ohren gekommen, dass dieses System durch private Programme massenhaft unterlaufen worden sei.
Ich glaube, hier wird etwas verwechselt. Bei Delegationen im Liquid geht es um Strukturen,
Wenn ich auf Person B delegiere, dann möchte ich, dass immer so abgestimmt wird, wie es Person B möchte. Ich habe dann kein Recht darauf, B vorzuschreiben, wie er seine Entscheidungen trifft. Ich delegiere auf B aufgrund meiner Annahmen über B’s politische Einstellung und B’s Motivationen. Das kann aber nur gut funktionieren, wenn mir B’s Motivationen und seine soziale Vernetzung möglichst gut bekannt sind.
Eine Regulierung von B’s Motivation und Abstimmverhalten ist faktisch nicht möglich (wie gesagt: Login-Daten weitergeben, Tool programmieren..), es kann nur erschwert werden. Diese Beschränkung führt dann also allein dazu, dass B’s Abstimm-Motivation den anderen verschleiert / versteckt wird.
Witzig, wisst Ihr woran mich das erinnert? An Zensursulas Internetsperren-Argumente. Wir machen mal eine DNS-Sperre, das erschwert den meisten (anfangs) den Zugang, der Content ist aber immer noch da. Genau wie hier: Wir beschränken mal im Liquid die Delegationen, das erschwert den meisten (anfangs) Super-Delegierte zu werden, die sozialen Strukturen dahinter sind aber immer noch da.
Na dann können wir das ja sicher ausschließen.
Nun gut. Das muss dann immerhin eine Person machen und kann es nicht von einem Tool erledigen lassen. Das begrenzt schon mal die Anzal der möglichen „Betrugsversuche“. Außerdem existiert dieses Problem bei jeder Form der Online-Beteiligungsplattform. Mein Vorschlag macht Strukturen nicht weniger transparent, als das bisherige System. Ist also eine andere Baustelle, die ebenfalls Aufmerksamkeit verdient.
Die Idee ist im Ansatz gut, aber nicht durchdacht.
Angenommen, jemand vereint 300 Delegationen auf sich. 250 davon haben die im Beispiel genannte Einstellung. Nun kommt die 301ste Delegation hinzu, und es wird interessant. Sollen nun wirklich 250 Delegationen zurück genommen werden, sodass nur noch 51 übrig bleiben? Oder nur eine Delegation zurück genommen werden, damit es wieder 300 werden? Aber wessen sollte das sein, und wer trifft diese Auswahl? Der „Zufall“? Und was ist mit indirekten Delegationen?
Wie so oft scheitert das nicht an der Software-Umsetzung, sondern daran, ein durchdachtes Konzept zu formulieren. Was mir in diesem konkreten Fall sehr schwierig erscheint.
OK. Ich sehe ein, es gibt viel zu bedenken. Aber auch in dem Fall sehe ich das nicht so kompliziert. E-Mail-Benachrichtigung würde da kein Problem sein. Und in dem von dir beschriebenen Fall kann man es beispielsweise nach Zeitraum der Delegation machen. Wenn also 250 Leute bei der 301ten Delegation auf Person X, ihre Delegation löschen lassen würden, würde zunächst nur die allerjüngste dieser genau gleichen Delegationen verfallen. Dann sind wir wieder bei 300. Danach käme der nächste usw.
Gibt’s weitere Denkfehler?
Der Delegierte bekommt die Rote Karte wenn eines seiner Limit überschritten würde und muss entscheiden ob er noch Delegationen annimmt, seine Delegenten befragt ob das OK, sie ihr Limit erhöhen oder, ja, auf wen er verzichten möchte.
Soviel Pflege / Mitwirkung ist Delegierten doch zuzumuten oder?
Ein ähnliches Problem hätte ich ja auch beim Delegieren. Wähle ich ein Limit das bereits erreicht ist, hab ich die Entscheidung höher zu gehen oder es zu lassen.
Was nicht passieren darf ist, das ein Limit (Wille) überlaufen werden kann.
Hi,
warum nicht einfacher:
Möchte ein von mir Delegierte weiter Delegieren, kann er das tun indem er mir die Delegation mit einer Empfehlung zurück gibt. (An alle für die er die Delegation abgeben möchte am Stück, in einer LQFB-Aktion, natürlich)
Ich hätte nun bei der Delegation das Häkchen bei „Autodelegation“ machen können, um Empfehlungen für diese Delegation automatisch zu erlauben (gerne mit Bedingungsfeld wie Summe_der_delegierten_Stimmen < 300 oder so) oder ich muss das Weiterrechen von Hand bestätigen.
Das hätte den Vorteil, dass der Stimmeninhaber immer weiß und zustimmt wo seine Stimme gerade ist.
Es wird immer direkt, nur um ein Level, keine Delegationsketten, vom Stimmberechtigten Selbst delegiert.
Delegierte können nicht durch schnelle, nicht nachvollziehbare Delegationsschiebereien taktische Wahlbeeinflussungen betreiben.
Nachtei, was man aber nicht als einen solchen sehen muss, ist, dass ich entweder das Häkchen setzen oder mich Kümmern müsste.
Als absoluter Bonus wäre dann ein Feld zu jeder Entscheidung, bei der ich (mein Delegierter) Stimme abgibt, das mir anzeigt wie ich derzeit stimme. Vielleicht ja nur so ein Stimmungs-Slider, ohne Scala, von :-) …. :-( oder so etwas.
Delegation ist von sich aus undemokratisch. Da hilft das bisschen rumdoktorn auch nichts.